Mein Lebenslauf

Nicole Schulze in Berlin

Bevor ich in der Prostitution tätig war, habe ich die Hauptschule besucht, eine Lehre als Arzthelferin begonnen und geheiratet. Im Jahr 2004, als Mutter von zwei Kindern, stieg ich aus der Not heraus in die Prostitutionsbranche ein. Ich war mit 24 Jahren in der Schuldenfalle gefangen. In der Sexarbeit sah ich den einzigen Weg aus meinen Schulden heraus zu kommen. Ich wohnte in Leverkusen und erfuhr von der Geestemünder Straße. Die Geestemünder Straße ist einer der Straßenstriche in Köln. Das Gelände wurde von der Stadt Köln angelegt und bot Sicherheit, Hygiene und Beratung.

Nun mag vielleicht jeder Leser erkannt haben, wo mein Arbeitsbereich liegt – ich bin Straßensexarbeiterin.

Da ich schon immer sexuell aufgeschlossen war und mir trotz Not der Beruf als Sexarbeiterin Spaß und sehr glücklich machte, bin ich nun seit über 20 Jahren auf der Straße tätig.

Ich erlebte viele Systeme von Straßensexarbeit und bin der Überzeugung, daß die Geestemünder Straße, die besten Arbeitsbedingungen hat. Aber auch der Wohnwagen bietet viele Vorteile.

Seit September 2018 engagiere ich mich auch in politischer Hinsicht. Führe Gespräche mit der Politik, halte Workshops zum Thema Straßenstrich, trete öffentlich vor die Presse, zum selben Thema und zu Themen der Branche allgemein, und sitze in Gremien als Expertin.

Ich bin stolz darauf, auch im Namen des BesD (Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen e. V.), für die Straße sprechen zu können,

BesD e. V.

Sind Sie neugierig geworden, mehr über den Straßenstrich zu Erfahren, dann kontaktieren Sie mich bitte. Ich biete mich auch für die Politik zur Aufklärung und Workshops an oder stehe Ihnen als Expertin zum Thema Straße zur Verfügung.

Auf der Straße zu arbeiten ist nicht leicht und wenn ich sagen würde, es wäre einfach und wunderschön, würde ich Sie täuschen. Auch ich habe in dieser langen Zeit meine negativen Erfahrungen gemacht. Das Thema „Loverboy“ habe ich auch am eigenen Leib erfahren und ich äußere mich auch gern dazu. Aber die Sexarbeit erfüllt mich mit viel Glück und Freude. Mit Menschen zu arbeiten, auf sie eingehen, sie zu fühlen und zu spüren macht mich sehr glücklich. Es gibt viele Stimmen, die nach einem Sexkaufverbot rufen. Meiner Meinung nach ist das Sexkaufverbot nicht die Lösung für unsere Branche, im Gegenteil. Man muß die Menschen in der Sexarbeit stärken und sie da abholen, auf Augenhöhe, da wo sie stehen. Legalisierung und Entkriminalisierung sind der einzige Weg, den die Gesellschaft und die Politik gehen sollten. Ich bin stolz auf meinen Beruf!

Im Jahre 2018 begann ich auch meine Dienste zu erweitern. Ich nahm den Bereich der Sexualassitenz/Sexualbegleitung dazu und spezialisierte mich auf Menschen mit Einschränkungen. Diese Arbeit bereitet mir sehr viel Freude. Persönlich habe ich auch sehr viel von diesen Menschen gelernt und Sie gehören in die Gesellschaft. Leider wird in vielen Gegenden das Thema noch nicht offen diskutiert. Das möchte ich gerne ändern weil es ein wichtiges Thema ist!

Meine persönliche Meinung zum aktuellen Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) ist eher schwierig. Es stigmatisiert die gesamte Branche und die Menschen, die in der Sexarbeit tätig sind. Eine Überarbeitung halte ich deshalb für wichtig und sinnvoll.

Mit uns sprechen, nicht über uns, macht vieles leichter, und gemeinsam finden wir einen Weg.

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